Das Bundesamt fuer Bauwesen und Raumordnung schrieb über den Wettbewerbsbeitrag von GIORNO im Preisgerichtsprotokoll des Programmwettbewerbs zur
Wiedererrichtung der Bauakademie Berlin als Nationale Bauakademie folgendes:
Als Idee überzeugt: die Neue Bauakademie als partizipatorisches Zukunftsprojekt. So wie das Land sich in stetigen Veränderungen befindet, ist der „fertige Bau“ erst der Anfang von kreativen demokratisch legitimierten Prozessen.
Intendanzen und Akteure ändern sich so wie Technologie und Baukunst sich entwickeln. Es entsteht so ein überraschender Ort unvorhersehbarer Baukunst, Diskussion und Kultur. Im Dialog mit den umliegenden Institutionen und Gebäuden entsteht eine permanente beabsichtigte Spannung.
Nationale und internationale Beteiligungen am Zukunftsprojekt fördern langfristig Netzwerke. Die Kubatur der historischen Bauakademie bildet die formale Klammer.
Im Unter- und Erdgeschoss bilden Säulentragwerk und Erschließung den funktionalen Rahmen der Prozesse.
Diese Arbeit formuliert eine anzuerkennende Utopie, deren Haltung und Unabhängigkeit im Denken der Schinkelschen Gedankenwelt nahekommt. Auch wenn eine Realisierung kaum vorstellbar ist, dient die Arbeit als prozesshafter Ansatz für die weitere Diskussion.
Grundüberlegung:
Mit dem Neubau der Bauakademie wird sich eine architektonische Position manifestieren. Wir sind der Meinung, dass ein Bau unserer Zeit entstehen muss, aber auch auf den Ideen Schinkels basieren sollte. Die alte Bauakademie entstand in einer autoritären Welt, regiert von preußischen Königen, die bewusst demokratischen Fortschritt verhinderten. Schinkels klassizistischen Bauten manifestierten diese Gesellschaft und trugen doch schon den frischen Geist des Aufbruchs in sich.
Die neue Bauakademie muss im Geiste unserer Zeit entstehen: Demokratie, Pluralismus der Meinungen, der stilistischen und architektonischen Vorstellungen. Wir wollen eine Akademie der vielen Positionen, welche sich beständig ändert, hinterfragt und aktualisiert.
Die neue Bauakademie wird ein Ort des räumlichen Diskurses. Mit ihrer Fertigstellung beginnt erst ihr Bau: Im abstrahierten Raster der alten Bauakademie ragen die 81 Säulen kahl in den Himmel, gleich einem unbeschrieben Blatt. Dies ist die Bühne des Bauens. Hier werden sich mit der Zeit verschiedenste räumliche Positionen ansiedeln, auf einander Bezug nehmen, sich ablehnen, überschreiben oder ergänzen.
Kuratiert und ausgewählt werden diese Positionen von einem demokratisch gewählten Team. In zeitlich begrenzten Intendanzen organisieren sie den architektonischen Diskurs, die Öffentlichkeitsarbeit und den Besucherverkehr der Akademie. Durch offene Wettbewerbe in einem festen Turnus werden Positionen verschiedenster Akteure aus Deutschland, Europa und der ganzen Welt angezogen.
Die neue Bauakademie baut auf der Geschichte des Ortes und der Institution auf. Das Bodendenkmal der alten Bauakademie und der Fußabdruck des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR werden freigelegt, inszeniert und genutzt.
Dieses geschichtliche Fundament des Gebäudes wird in seiner neuen Gestalt zum funktionalen Sockel des Hauses: Eine Hightech-Werkstatt, die den Betrieb der Bühne des Bauens unterstützt, eine Bibliothek die Raum für Forschung bietet und zuunterst das Archiv, welche die Arbeiten und Prozesse der neuen Bauakademie dokumentiert.
Städtebaulich wirkt die neue Bauakademie in ihrer vielfältigen Umgebung wie ein Katalysator. Sie ist ein wahrhaft demokratischer Ort. Der Bauprozess, kulturelle Veranstaltungen und Diskussionen ziehen Besucher an. Ihre wachsende, sich ändernde Gestalt macht architektonischen und städtebaulichen Diskurs verständlich und attraktiv. Sie trägt mit dazu bei, dass die Mitte Berlins wieder zu einem Zentrum der Stadtgesellschaft wird.
Bühne des Bauens:
Die Bebauung der Bühne des Bauens wird durch die Gewinner des regelmäßigen Wettbewerbs, die Auswahl des Intendanz-Teams und allgemeine Grundsätze definiert. So müssen zwei Drittel des Erdgeschoss und ein Drittel des Volumens darüber freigehalten werden um den offenen und kommunikativen Charakter des Gebäudes zu wahren. Um jedoch einen wirklich offenen Prozess zu ermöglichen, wird weiter nichts festgelegt.
Räumliche Positionen werden mit Angaben über das benötigte Volumen und die bauliche Gestalt eingereicht. Das Intendanz-Team wählt aus, ordnet an und organisiert Zugänge und technische Anschlüsse. Beiträge können von verschiedensten Verfassern kommen: Architekten, Städteplaner, Künstler, der Bauindustrie, dem Handwerk und Anderen.
Programm der neuen Bauakademie ist einerseits das ständige Bauen und Umbauen, welches der Bühne des Bauens den Charakter einer Bauhütte verleiht und Besucher anlockt.
Anderseits sind es die vielfältigen kulturellen Veranstaltungen, Ausstellungen und Diskussionen der je aktuellen Positionen und weiterer Akteure.
An diesem Ort passiert Unvorhersehbares. Alltägliches vermischt sich mit Baukunst, das praktische Bauen mit architektonischer Utopie. Ein Ort, der sich stets neu erfindet.
GIORNO – Buero fuer angewandte Baukunst
